Manchmal ist es einfach nur schön, dem Fluß der Worte freien Lauf zu lassen und damit angenehme Emotionen zu transportieren wie Blätter in einem munteren Bach. Zwei Rezensionen als
BeiSpiele.
Zugegeben, ich bin bekennender Fan von 1 Giant Leap, schon ihre erste CD gehört für mich
zu den zehn, die ich mit auf eine einsame Insel nehmen würde. Viel zu lange hat es nun gedauert, bis die Fortsetzung kam - und ja, ich habe sie schon, habe sie via Australien besorgt, auch das
ein kleines Wunder in dieser unserer so unterschiedlichen und zugleich so einheitlichen Welt...
Und siehe da, das Konzept ist dasselbe geblieben. Duncan Bridgeman und Jamie Catto reisen um die Welt, mit kleinem Equipment und nicht viel mehr als ein paar vorbereiteten Song-Lines oder
Rhythmen auf dem Laptop. Musiker überall auf diesem Planeten spielen nun ihre Eingebungen, Melodien, ihre Songs und Raps, die Traditionals und Spirituals auf den gleichen kleinen Computer. So
viele Energien! Und das Ganze mehr oder weniger fokussiert auf jenen kleinen roten vorgegebenen musikalischen Faden!
Einige der bekannten Akteure sind wieder mit von der Partie: Edie Reader, Maxi Jazz oder Speech; die meisten aber sind erstmals vertreten. Vom wilden amerikanischen Gospel-Chor über chinesische
Flötisten oder japanische Trommler bis hin zu Carlos Santana, der sich nicht zu schade ist, diesen Ausflug rund um die Welt mit einer kleinen Melodie auf der Gitarre zu bereichern. Und Stimmen,
Stimmen, wunderbare, ergreifende Stimmen, die manchmal nur wie ein akustisches Flämmchen via Kurzwelle durch die Songs zu schweben scheinen.
Was neu und anders ist? Die Welt hat sich verändert! Bridgeman und Catto haben sich verändert. Die Musik ist eine andere geworden: härter, weniger melodiös, weniger geschlossen. Für das neue
Doppelalbum bedeutet das viele kurze Clips und Schnitte, teils kunstvolle Übergänge, teils brutale Brüche in Tempo und Feeling. Trotzdem oder gerade deshalb: Hier spricht und singt und schreit
und weint die Welt! Wer Rap nicht mag, der wird ihn hier erträglich finden, wer nach den hymnischen Momenten der ersten Scheibe sucht, der wird auch sie erleben, eingebettet in das überwältigende
Klanggeschehen dieser CD. Bridgeman und Catto machen es einem nicht unbedingt leicht, diese Musik zu verdauen - warum auch. Die Welt ist voll von harter Energie, die jetzt zum Ausdruck drängt -
und hier erlebt sie ihn. In versöhnlicher Form, denn die beiden Künstler, das sieht und spürt man deutlich auch auf ihrer DVD "What about me?", sind liebe, nette, herzensgute Leute, meilenweit
entfernt vom rohen Gangsta-Business derer, die heutzutage glauben, es blutig ernst nehmen zu müssen mit der Musik. Nein, wenn man sich die beiden CD's zweimal, dreimal, zehnmal angehört hat,
bleibt das Gefühl, dass hier ein Schmetterling durch prasselnden Regen fliegt und gerade in seiner scheinbaren Unvernunft vom Sonnenschein erzählt, von den märchenhaften und traumhaften Seiten,
die diese Erde auch heute noch zu bieten hat.
Seit Jahren verzaubern ihre Karten. Die Bilder: Traumwirbel, durchgeistigt, in wilde Strich-Collagen übersetzte Emotion, teils
dunkel, apokryph, in jedem Falle faszinierend - wie ein Blick in jenen See, auf dessen Grund der Stein des Weisen ruht.
Margarete Petersen hat sich ihr eigenes Tarot gemalt. Über Jahre hat sie die Tiefen jeder Karte für sich ausgelotet, sie in
persönliche Erfahrungen gekleidet und sie dann, machtvoll assoziierend, plakativ farbig, unergründlich oft in ihrer Aussage großformatig auf Leinwände geworfen, wo die Sujets seither ihr
Eigenleben führen. Wo manche sich ordinär aufdrängen, andere verführerisch schmeicheln, wo sie das Innerste anzusprechen suchen im Betrachter. 78 Mal. Jede Karte ein Kunstwerk. Der Großteil eines
Lebenswerks.
Tarotfreunde fühlen sich bisweilen förmlich erschlagen von der Wucht ihrer Bilder. Sie zu deuten, erfordert den Mut, die
Fähigkeit, eine Brücke zur eigenen Gefühlswelt zu schlagen, sie zagend zu betreten und vorsichtig Schritt auf Schritt zu setzen, um nicht unversehens abzustürzen in das nie Hinterfragte, die
Heimat aller Urängste und -freuden.
Einen Leitfaden hätte man sich gewünscht, ein Geländer, das sicheren Stand erlaubt hätte, den abgeklärten Blick auf dieses so ganz
andere Tarot. Das dem Deck beiliegende Booklet konnte diese Aufgabe nie erfüllen.
Jetzt aber, neun Jahre nach Erscheinen des Petersen-Tarots, gibt es "das Buch zum Werk": NARRENSPRÜNGE. Wer möchte nicht sogleich
erfahren, welches Symbol auf welcher Karte was bedeutet? Wen interessierte nicht, ob es hier um das große Liebesthema geht und dort um die Enttäuschung? Endlich etwas Handfestes, fürs Alltägliche
Verwertbare, endlich ein Buch, um dieses bislang so geheimnisvolle Tarot zu entzaubern!
Fehlanzeige. Vielmehr bringt es die Künstlerin fertig, ihre so ungreifbaren Bilder in ebenso ungreifbarer Sprache zu spiegeln. Wir
lesen: Poesie, wehende Assoziationen, vage verdichtete Ahnungen, die wir uns, bitte sehr, zueigen machen können - oder sie auch vorüberwehen lassen, wie den Wind am See, in dem der Mond sich
schöne Augen macht. "Wie rotes Licht lässt du die Wörter durch die Kehle fließen", beschreibt Margarete Petersen "ihren" Magier. "Dann rufst du sie und beginnst damit zu
spielen."
Klare Sache. Dies ist definitiv kein Buch für Menschen, die sich Erkenntnisse aus
Fakten generieren. Es ist, stets in Verbindung mit den Karten selbst, jedoch ein Traum für Träumer, deren Treibstoff für die großen inneren Reisen schillernd und feinstofflich ist wie Feenseide
vor dem Eingang zur Höhle aller Schätze.
Margarete Petersen, um auch das abschließend zu sagen, gelingt es, ihr Werk vor den Klauen des sezierenden Verstandes zu schützen und ihm damit seine Kraft zu erhalten. Schon dies ein schlauer,
im Tiefsten sehr witziger Narrensprung!
Sie zeigt uns damit unsere Grenzen auf. Und zugleich lädt sie ein zu einem Blick in die unendlichen Räume dahinter.
© Margarete Petersen
Das Margarete-Petersen-Tarot ist ebenso wie
ihr Buch "Narrensprünge – eine Reise durch das Tarot"
im Königsfurt-Urania-Verlag erschienen.
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